Welche Sprache spricht mein Gott? – Eine dreitausend Jahre alte „Herzberuhigungsklage“ aus Aššur
Franziska Küster (Altorientalistik, FU Berlin / Religion und Kultur, HU Berlin)
Im 12. Jh. v. Chr. erlebte die Stadt Aššur eine Blütezeit der Gelehrsamkeit, inspiriert von Traditionen der benachbarten Babylonier. Ein eindrucksvolles Zeugnis dieser Entwicklung ist ein zweisprachiges Gebet, das die Erlebnisse einer Stadtbelagerung verarbeitet: Ausgehend von der eigenen Sprache übersetzten es Hofgelehrte in das Sumerische – eine alte Sprache Babyloniens, die im Alltagsgebrauch längst verstummt, aber in babylonischen Ritualen und Schultraditionen weitergepflegt worden war.
Franziska Küster stellt die Tontafel mit dieser Gebetskomposition vor. An die babylonische Form der Herzberuhigungsklage angelehnt, theologisch jedoch neu akzentuiert, zeigt sich in der assyrischen Fassung eine eigenständige Schöpfung. Warum wählten die assyrischen Hofgelehrten die Übersetzung in das Sumerische, um den eigenen Stadt- und Reichsgott Aššur anzurufen? Was verrät der Text über Gottesbild, rituelle Praxis und kulturelles Selbstverständnis des assyrischen Reiches? Der Vortrag gewährt Einblicke in historische Hintergründe, die Rolle der Gelehrten und die Selbstinszenierung eines Reiches, das um politische und geistige Vorherrschaft rang.
Zwischen Tierdioramen und Märtyrerrelikten. Das Missionsmuseum als Arbeitsfeld für postkoloniale Theologien
Franziska Moosmann (Katholische Theologie / Sozial- und Kulturanthropologie, Universität Tübingen)
In ihrer Magisterarbeit untersucht Franziska Moosmann Missionsmuseen als Orte der Inszenierung von missionarischer Arbeit christlicher Orden in Ländern mit kolonialer Vergangenheit. Im Zentrum steht dabei die Frage nach ihrem theologischen Erinnerungspotential. Am Beispiel des Museums der Missionsbenediktiner in St. Ottilien hat sie Geschichte, Gegenwart und mögliche Zukunft dieser Institutionen analysiert. Dabei beleuchtet die Arbeit die Entstehung von Missionsmuseen im Netzwerk von Missionspraxis und ethnologischer Wissensproduktion. Das gegenwärtige Museumsgeschehen wird mit einer performativ orientierten Ausstellungsanalyse kritisch befragt: Wie wirken koloniale Narrative im Zusammenspiel von Raum, Objekt und Beschreibung fort? Abschließend wird das Konzept der „Aktivierung“ sensibler Objekte – inspiriert von der Gruppe Artefakte//anti-humboldt – aufgegriffen, um neue Formen des postkolonial-theologischen Erinnerns zu erproben. Die Arbeit zeigt, dass Missionsmuseen gerade als Orte kritischer Erinnerungsarbeit potenzielle Lernräume für eine zukunftsfähige Theologie sein können.
Auf die Vorträge reagieren Prof. Dr. Dr. Markus Luber SJ, Professor für Missionswissenschaft und Interkulturelle Theologie und Leiter des Instituts für Weltkirche und Mission an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt a. M., und Dr. Janine Wende, Altorientalistin und Leiterin der Arbeitsstelle „Leipzig Akkadian Dictionary“ an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.
Im Anschluss sind Sie herzlich eingeladen, bei einem Getränk mit den beiden Vortragenden ins Gespräch zu kommen.
Zur Vorbereitung des Abends erbitten wir Ihre Anmeldung per E-Mail an: information@katholische-akademie-berlin.de oder per Telefon unter (030) 283095-0.
Bitte merken Sie sich den nächsten Termin in der Reihe vor:
04.07.2025, 18:30 Uhr
Gerechtigkeit und Frieden in Palästina und Israel
Martha Linck (Katholische Theologie, Universität Mainz)
Zwischen Gewaltpotential & Friedenssicherung. Religionen als Faktor der (deutschen) Außenpolitik
Andreas Göbel (Politikwissenschaft/
Auf die Vorträge reagieren Prof. DDr. Felix Körner SJ, Inhaber des Nikolaus-Cusanus-Lehrstuhls für Theologie der Religionen am Zentralinstitut für Katholische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin, und Dr. Gesine Palmer, Projektmitarbeiterin im Berlin Center for Intellectual Diaspora an der Katholischen Akademie in Berlin.
Bewerbungen für das Forum Junge Wissenschaft nehmen wir jederzeit entgegen.
Weitere Informationen unter:
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