Nicht nur die Kandidatenkür und der rasche Wechsel der Aufmerksamkeit für neue Hoffnungsträger waren bislang bemerkenswert. Über allem schwebt gleichermaßen die Schicksalsfrage, ob die Wahlentscheidungen des französischen Volkes ein Menetekel für Europa und die deutsch-französischen Beziehungen sein werden.
Wie sprechen die Spitzenkandidaten das „katholische Frankreich“ an, wie das Land und die Stadt? Welche Rolle spielen Katholiken und die katholische Kirche im Wahlkampf? Familienbild und Sozialpolitik, Europa, Einwanderung, die Auseinandersetzung mit der Rolle des Islam, die Bekämpfung des Terrorismus – welche Themen und Bewertungen sind virulent unter Frankreichs Katholiken? Spielt der Diskurs um das „christliche Abendland“ eine Rolle im Wahlkampf und wie reagieren diejenigen, denen die Formel von Frankreich als „ältester Tochter Roms“ trotz Laizismus nie egal gewesen ist?
Jean-Louis Schlegel ist Religionssoziologie und Publizist. Er ist Autor von „Religions à la carte“ (1997) und „La Loi de Dieu contre la liberté des hommes“ (2003). Für die Zeitschrift „Esprit“ wirkte er 30 Jahre lang als Mitherausgeber und aktuell als Berater der Direktion. Beim Verlag „Éditions du Seuil“ gibt er eine Reihe geisteswissenschaftlicher Bücher heraus. Seine Übersetzungen deutschsprachiger Philosophen und Theologen ins Französische umfassen Werke von Franz Rosenzweig, Jürgen Habermas, Carl Schmitt, Hans Blumenberg, H.-M. Enzensberger, Schopenhauer, Johann Baptist Metz, Hans Küng und Hans Urs von Balthasar.