Veranstaltungsarchiv

Emmanuel Carrère: “Das Reich Gottes”

Termin: 06.12.2016
Beginn: 19:00 Uhr
Ort: Katholische Akademie in Berlin, Hannoversche Str. 5, 10115 Berlin
Wie lässt sich über die Erfahrung des Glaubens erzählen? Emmanuel Carrère erkundet die Intensität der Übergänge zwischen Glauben und Unglauben und schildert autobiographisch gefärbt die Kraft der Worte Christi aus nichtgläubiger Perspektive.

Welches Verhältnis unterhält das Abendland zu seiner eigenen Religion? Emmanuel Carrère stellt sich die Gretchenfrage. Er vertieft sich in die Anfänge des Christentums und fragt nach der Kraft, mit der es gelingt, an Dinge zu glauben, gegen die der Verstand rebelliert, und eine revolutionäre Ethik zu vertreten, die den Schwachen zum Starken erklärt. Changierend zwischen Ironie und dringlichem Ernst zeichnet Carrère das Fresko einer antiken Welt, die in vielen Zügen unserer heutigen ähnelt. Zwei Lebenskrisen stellen Emmanuel Carrère vor die Frage, wie Menschen an Dinge glauben können, die dem Verstand entgegenstehen. Er begibt sich auf die Fährte des Revolutionärs Paulus und des Intellektuellen Lukas, zwei prägenden Gestalten des Christentums. Carrère zeichnet das Bild einer Welt, die vom Pragmatismus des Römischen Reiches beherrscht ist und doch durchdrungen vom Wunsch nach tieferem Sinn und Gemeinschaft. Immer wieder zieht er Parallelen zum 21. Jahrhundert, gleicht damalige (Un-)Glaubenspraxis mit heutiger ab und füllt sein historisches Gerüst mit einem Nachdenken darüber, worin uns das Christentum mit seiner ungeheuren Umwertung der Werte (die Letzten werden die Ersten sein, Geben ist seliger denn Nehmen) noch heute berühren kann, ob wir gläubig sind, oder nicht. Emmanuel Carrère verfolgt einen literarischen Weg, der sich über gängige Genredefinitionen hinwegsetzt. Mit seinen so dokumentarischen wie fiktionalen Texten gewinnt er eine zutiefst menschliche Perspektive auf seine Protagonisten und ihre Welt, verwebt seine eigene Lebensgeschichte mit der historischen Darstellung und konfrontiert den Leser mit den unendlichen Facetten des Glaubens und Nichtglaubens. Ob ablehnend oder bejahend: An den Fragen nach den christlichen Werten, die dieser Roman aufwirft, kommt heute niemand vorbei.

 

 

Referenten
Gastreferenten
Prof. Dr. Christoph Markschies, Berlin; Prof. Dr. Sr. Margareta Gruber OSF, Vallendar und Prof. Dr. Jean-Louis Schlegel, Paris; Peter Gößwein, Berlin
Verantwortlich
Dr. Stephan Steiner
Referent
+49 30 28 30 95-151 E-Mail schreiben