Albert Camus hat empfohlen, man solle sich Sisyphos nicht als resignierten oder verzweifelten, sondern als glücklichen Menschen vorstellen – glücklich, weil er der Wiederkehr des immer Gleichen einen Sinn gibt, weil er durch seine ewige Steinewälzerei revoltiert. Willy Brandt hat in seiner Abschiedsrede 1987 darauf Bezug genommen. Nicht nur er nennt Sisyphos ein Vorbild. Heribert Prantl hat immer wieder mit Politikern gesprochen, die sich im Interview oder im Sinnieren nachher auf Sisyphos bezogen haben. Auf welchen Sisyphos?
Angesichts vielfältiger Krisen und einer hohen Dynamik gesellschaftlicher Veränderungen, begegnet uns plötzlich wieder der Topos des Absurden. Können wir dem Leben eines Individuums, der Ordnung einer Gesellschaft, der Welt als solcher eine Bedeutsamkeit unterstellen, die über sie hinausweist? Oder müssen wir die Tatsache anerkennen, dass die Widersinnigkeit das letzte Wort hat?
Unter der Überschrift: „Er rollt nicht mehr. Wie Sisyphos glücklich wurde“ erkundet Heribert Prantl aus feuilletonistischer Perspektive das Themenfeld „Theologie und Absurdität“, dem sich die Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie widmet. Mit einem gegenwartszentrierten Blick an der Schnittstelle von Philosophie und Theologie geht er der Frage nach, wie sich inmitten des „Lebensgefühls Absurdität“ eine affirmative Ausrichtung auf das Glück gewinnen lässt.
Heribert Prantl war bis 2019 Mitglied der Chefredaktion und Leiter des Ressorts Meinung der Süddeutschen Zeitung. Er ist ständiger Kolumnist der SZ („Prantls Blick“) und Kommentator bei sueddeutsche.de. Neben seiner journalistischen Arbeit ist Prantl als Autor tätig und stößt mit seinen Thesen zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und sozialer Gerechtigkeit lebendige Debatten an.
Das Podiumsgespräch wird veranstaltet in Kooperation mit der Deutschen Sektion der Europäischen Gesellschaft für katholische Theologie und der Universität Frankfurt am Main.