„Abendland“ ist in mehrfacher Hinsicht ein Reizwort: Als kulturhistorischer Begriff würde das Abendland zu vieles ausschließen, was sich innerhalb und außerhalb seiner behaupteten Grenzen in der europäischen Geschichte in kultureller, religiöser und politischer Hinsicht zugetragen hat. In der Politik würde die Rede vom Abendland dazu dienen, das Eigenen gegen ein imaginiertes Fremdes abzugrenzen, das die Gewohnheiten und das Heimatgefühl in Frage stellen könnte. Angesichts einer weithin verdunsteten Christlichkeit sei die Anrufung eines christlichen Abendlandes durch kulturell Verunsicherte und religiös Unbehauste in ihrer alarmierten Stimmungslage absurd. Aber hat die Kritik am Begriff die damit verbundene Suchbewegung erledigt?
Angeboten werden als Gegenmodelle die Vision eines weltweit entfalteten Universalismus der Menschenrechte und der Selbstbestimmung des Subjekts in einer demokratischen, partizipativen Ordnung unabhängig von Geschichte und kultureller Prägung. Alternativ werden auch kulturrelativistische Positionen bezogen, die im Abendlandbegriff nur die Kristallisation einer alteuropäischen Überlegenheitsgeste erblicken.
Ist das Abendland als Verständigungsbegriff über das Woher und Wohin für die europäischen Völker also obsolet? „Der Westen ist abendländisch entstanden“ (Otto Kallscheuer) – was muss der Westen aus seiner Geschichte für die Zukunft bewahren? Muss Europa sich als „säkulare Republik“ (Egon Flaig) begreifen, um eine Zukunft zu haben? Und wo bleibt dann die Religion?
Veranstaltungsablauf
19:00 Uhr Eröffnung und Einführung: Dr. Maria-Luise Schneider,
Katholische Akademie in Berlin
19:05 Uhr Kurzvorträge
Prof. em. Dr. Egon Flaig, Althistoriker,
Kulturwissenschaftliches Kolleg Konstanz
Prof. Dr. Otto Kallscheuer, Politikwissenschaftler,
Käte Hamburger Kolleg Duisburg
anschließend Podiumsdiskussion
Gegen 21 Uhr Ende der Veranstaltung.