Carl Schmitts „Politische Theologie“, veröffentlicht im Jahr 1922, begegnet in fast jeder Diskussion zum Ort des Theologischen in der Politik säkularisierter Gesellschaften. Trotz Jürgen Habermas‘ Mahnung, dass die Beschäftigung mit Schmitt lediglich eine Einstiegsdroge in den Traum vom starken Staat sei, bestimmt Schmitts Denken weiterhin zeitgenössische Diskurse – sowohl auf der Linken wie auf der Rechten.
Mit unverminderter Dringlichkeit stellt sich die Frage, ob die säkulare Moderne eine Fortsetzung des Christentums ist, vielleicht sogar die beste und reifste Frucht der christlichen Tradition, oder ist sie vielmehr eine Häresie, eine verdrehte Abschweifung von der orthodoxen Lehre? Und welcher Raum bleibt im Zusammenspiel von Theologie und Politik in der westlichen Zivilisation für nicht-christliche Traditionen, für ihre Theologien und ihre Politik? Ist schließlich jeder Bezug auf Schmitts Paradigma dazu verdammt, so zu enden wie er selbst, nämlich als Nazi, Totalitarist, Antisemit?